Vor vielen Jahren begegnete ich einer jungen, dunkelhäutigen Frau, die sich mit grüner Farbe ein Kreuz auf die Stirn gemalt hatte. Sie stammte aus Äthiopien und musste fliehen, weil sie als Christin in ihrem Land verfolgt wurde. Dieses Kreuz trug sie als Zeichen ihres Bekenntnisses. Sie hatte vieles verloren auf der Flucht, aber ihren christlichen Glauben hatte sie bewahrt. Das Kreuz als Erkennungsmerkmal ist das Zeichen der Christen weltweit.

Das Kreuz besteht eigentlich nur aus zwei schlichten Linien: Die Querachse erinnert an den Horizont, an unsere Welt. Sie verbindet zwei weit voneinander entfernte Punkte. Sie scheint eine Brücke zu schlagen zwischen zwei Lagern. Zwischen Menschen, die unterschiedlichste Standpunkte vertreten, zwischen Christen und Nichtchristen, zwischen Arm und Reich, zwischen Ost und West.Für mich symbolisiert diese Querachse die ausgebreiteten Arme Jesu, der uns alle zu sich ruft. Wie sehr wünsche ich mir, dass wir Menschen mit solchen offenen Armen in unserer Kirche empfangen und zu Brückenbauern werden zwischen rechts und links, arm und reich, von hier oder woanders.

Die senkrechte Linie steht auf der Erde, weist aber hinauf in den Himmel, als ob sie Himmel und Erde verbinden wolle. Verfolgt man diese Linie mit den Augen und dem Kopf, drückt diese Bewegung ein „Ja“ aus. Es ist das „Ja“ Gottes zu unserer, zu seiner Welt. Die senkrechte Linie scheint eine Brücke zu schlagen zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und Mensch, zwischen Leben und Tod.

Das Kreuz, egal ob aus Holz, wie das, was normalerweise in der Blasiikirche hängt, oder aus farbigem Plexiglas, wie das eines zeitgenössischen Künstlers, dass ab Ende März bis September in unserer Kirche hängen wird, erinnert an ein Pluszeichen. Gott will mit dieser Welt etwas zu tun haben. Gegen allen Pessimismus und alle Weltuntergangsstimmung setzt Gott sein „Ja“ zu uns und unserer Welt.

Vordergründig betrachtet ist das Kreuz ein Zeichen des Schreckens, ein Folterwerkzeug, um einen Menschen möglichst langsam und qualvoll sterben zu lassen. Aber für Christen ist das Kreuz zu einem Zeichen der Hoffnung und des Trostes geworden. Denn Gott zeigt sich am Kreuz als einer, der Schmerzen, Angst und Einsamkeit kennt und ihnen nicht aus dem Weg geht. Gott hat sich mit den Schwachen eingelassen. Er ist da, wo immer Menschen in dieser Welt ausgeliefert sind, er ist bei den Einsamen, bei den Verlassenen, bei den Leidenden.

Und ich glaube, es ist unsere Aufgabe als Christen auch an der Seite der Menschen zu stehen, die unsere Hilfe brauchen. Machen wir uns also neu auf die Suche nach der Bedeutung des Kreuzes für unser Leben!