Tangorhythmen in der Blasii-Kirche Nordhausen – das ist schon etwas Besonderes. Und etwas Besonderes waren auch die beiden Hauptwerke unter dem Motto
„Kantorei trifft Tango“.
Von Martin Palmeri erklang die Tango Messe und von Judith Brandenburg wurde das Werk Pater noster Tango zu Gehör gebracht.
Die Werke folgen inhaltlich der traditionellen katholischen Messe, bzw. dem Vater unser.
Musikalisch sind sie im Stil des Tango nuevo gestaltet, der auf den Argentinier Astor Piazzolla zurückgeht. Nicht der Tango als Tanz, sondern seine Weiterentwicklung als Konzertmusik unter Berücksichtigung klassischer und zeitgenössischer Formen bilden dabei die musikalische Grundlage.
Inhaltlich musikalisch verbunden mit diesen beiden Werken war auch das einleitende Konzert für zwei Violoncelli. Die „treibende Motorik“ der beiden Ecksätze lassen durchaus einen Brückenschlag zu den beiden folgenden Werken zu. Spieltechnisch verlangten sie von den beiden Solistinnen Melissa Hart und Lidewji Faber am Cello sowie dem gesamten Orchester Höchstleistungen ab.
Das bekannteste Werk des argentinischen Komponisten Martin Palmeri, 1996 uraufgeführt, ist die „Missa ‚A Buenos Aires’- Misatango“ für Sopran, Chor, Bandoneon, Klavier und Orchester.
Pater noster Tango von Judith Brandenburg entstand 2007. Die Komponistin ist zugleich auch die Solistin am Bandoneon in beiden Werken. Sie verleiht den Werken durch ihr exzellentes rhythmisches, aber auch melancholisches Spiel das typisch argentinische Flair des Tangos. Interessierte Nordhäuser erinnern sich vielleicht an ihren ersten Auftritt in Nordhausen zur Wiedereinweihung der Blasii-Kirche nach der Sanierung vor einigen Jahren.
Das Publikum erlebte nun eine besondere Art der Aufführung. Die Werke erklangen nicht nacheinander, wie allgemein üblich, sondern erfuhren eine geniale Verknüpfung. Dabei bildete die Tangomesse gewissermaßen den Rahmen, in dessen Mitte das Pater noster einen würdigen Platz einnahm. Auch wenn sich die beiden Werke musikalisch voneinander abgrenzen, sind sie doch charakterlich ähnlich und gingen in der Aufführung nahtlos ineinander über, verschmolzen geradezu zu einem Gesamtwerk.
Stimmgewaltig begann der Kantoreichor mit dem Kyrie in Form einer Fuge. Das Orchester unter Leitung von Kantor Michael Kremzow, das Klavier, virtuos von Kuniko Kobayashi gespielt, und das Bandoneon, Judith Brandenburg, begleiteten vom ersten Ton an engagiert, überzeugten mit ihrem schwierigen Part im Tangorhythmus.
Sehr gefühlvoll erhob sich im Mittelteil des Gloria die Stimme der Solistin Carla Antunes, begleitet von Bandoneon, Klavier und Solo-Violine. Die Sängerin überzeugte nicht nur hier mit ihrer klaren, kräftigen, aber auch einfühlsam klingenden Stimme. Dem Inhalt des in lateinischer Sprache vorgetragenen Textes entsprechend, gestalten Chor und Solistin im Credo gefühlvoll, steigerten sich bis zum ff, ehe der Teil mit einem emotionalen Amen endete. Percussiv verwendete Instrumente erzeugten stellenweise interessante Klangeffekte.
Ein Bandoneon-Solo, leitete zum Pater noster über. Das Hauptthema „Pater noster“ wird zunächst von den Chorbässen vorgetragen und zieht sich dann durch fast alle Teile des Werkes. In dramatischer Gestaltung wird der gesamte Text des Vater unser von Chor, Orchester, Solistin und Bandoneon dargeboten, bis es am Ende ruhig ausklingt.
Es folgten dann die letzten drei Teile der Tango-Messe.
Das Agnus Dei, der Schlussteil des Werkes, gipfelt in einem gewaltigen Chorsatz, verstärkt durch Solisten und Instrumentalisten, mit der Bitte nach Frieden: Dona nobis pacem. Inbrünstig und leise verhallten die letzten Töne. – Eine gelungene Würdigung des Volkstrauertages!
Nach längerer Stille brach minutenlanger Beifall los als Dank und Anerkennung an die Mitwirkenden, allen voran Kantor Michael Kremzow.
Christel Laude